Falke oder Taube?
Schon wieder ziehen sich Risse und Gräben durch unser Volk. Es gibt nur Schwarz oder Weiss, dafür oder dagegen.
«Bist du ein Falke oder bist du eine Taube?» – «Bist du für den Krieg oder bist du ein schlapper Pazifist?»
Passion und Ostern bieten uns die Gelegenheit, darüber nachzudenken und miteinander zu reden. Ja, reden! Ohne Vorurteile zuhören und reden.
Denn, so zeigt uns der Einsiedler Daniel Bourguet: Auch in der Passionsgeschichte spielt die (Friedens-)Taube eine Rolle...

Immer noch tobt der Ukrainekrieg. Junge Männer sterben sinnlos, Ukrainer, Russen, Nordkoreaner und andere. Viele von ihnen sind keine freiwilligen Helden. Und als Held fühlt sich sowieso keiner auf dem echten Schlachtfeld.
Wir erinnern uns an den eindringlichen Roman zum Ersten Weltkrieg, «Im Westen nichts Neues» – ein Pamphlet gegen den blutigen Stellungskrieg. Manches in der Ukraine erinnert uns an diesen Krieg vor 100 Jahren: Der gescheiterte Angriff Russlands (damals: Deutschlands); das Einfrieren der Fronten; der Verschleiss an Menschenleben.
Wie lange muss es noch dauern, bis die Mächtigen abseits vom Schlachtfeld endlich Frieden suchen?
Das Bild der Friedenstaube stammt aus der Sintflut-Geschichte der Bibel. Die Taube bringt das erste Zeichen von neuem Leben zur gestrandeten Arche Noahs: Einen Olivenzweig. Dann verspricht Gott, dass er die Erde nie mehr vernichten werde (Genesis 8,21-22).
Eine Taube flattert auch vom Himmel herab, als Jesus im Jordan getauft wird. Dazu ertönt eine himmlische Stimme:
«Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.» (Markus 1,11)
Es ist der Heilige Geist, der den Vater und den Sohn verbindet – der Geist des Friedens, der auch in der Kirche Menschen zusammenbringt und vereinigt, die eigentlich nicht zusammenzubringen sind.
Die Entdeckung des leeren Grabes, die Kraft der Auferstehung vom Tod, bringt seit 2000 Jahren Menschen zusammen. Jesus Christus ist den Weg durch das Leiden und den Tod vorausgegangen. «Frieden» heisst: Lieber zu unrecht leiden als mit Unrecht Leiden verursachen.
Am Kreuz sagt Jesus den Satz, der stärker ist als jeder Konflikt:
«Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.» (Luk 23,34)
Vergebung statt Vergeltung. Das ist eine Entscheidung für die Zukunft. Im Vertrauen, dass eine gute Zukunft bei Gott bereit ist, dass der Schöpfer über seiner Welt wacht. Jesus vertraut sich im Sterben ganz seinem Vater an:
«In deine Hände befehle ich meinen Geist.» (Luk 23,46)
Die Taube des Geistes, die bei der Taufe auf Jesus herabgekommen ist – sie fliegt jetzt unsichtbar zurück zum himmlischen Vater. Das Vertrauen lohnt sich. Gott ist treu:
Jesus, der Herr, ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden!
(Beitragsbild: Motiv unserer neuen Osterkerze, www.hongler-kerzen.ch)