Glauben in stürmischen Zeiten
"Warum seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?", fragt Jesus seine Jüngerschar. Ihre Verzweiflung ist verständlich: Sie kämpfen im Sturm ums Überleben. Die Frage hallt nach in unserer Zeit der Angst.
Ausserordentliche Situationen machen uns Angst. Der Ausgang ist ungewiss. Das könnten wir zwar jeden Tag sagen. Aber als Menschen nehmen wir die guten und sicheren Zeiten recht selbstverständlich hin und vergessen zuweilen das Dankesagen.
Rembrandts Bild von "Christus im Sturm" (1633) hat unsere Kirchgemeinde in den letzten Wochen begleitet. Es passt sehr gut zum sogenannten "Shutdown", den wir jetzt ansatzweise erleben.
In der biblischen Geschichte (Link zum Nachlesen: Markus 4,35-41) trifft das Unglück die Jünger völlig überraschend.
Am festen Ufer haben sie der Unterweisung von Jesus gelauscht. Jetzt kommt der Schritt in die Wirklichkeit des Glaubens. Es ist die Bewährungsprobe für unseren Glauben, wenn wir an Leib und Leben bedroht sind, Krankheit und Tod ins Auge sehen.
Wenn wir die absolute Ohnmacht erleben, dann wird auch heute noch der Glaube wichtig. Der Glaube, den wir hoffentlich in guten Zeiten eingeübt und geklärt haben. Dann ist es plötzlich wichtig, dass Jesus – schlafend oder nicht – mit im Boot ist!
Auf dem Bild von Rembrandt van Rjin sitzt Jesus im Dunkel hinten im Boot. Vier Jünger reden auf ihn ein. Fünf weitere hängen in den Segeln und geben alles, um das Schiff unter Kontrolle zu halten. Einer zerrt am Ruder.
Ein schönes Bild für das, was in uns vorgeht, wenn es im Leben schwierig wird. Da ist unsere tätige Seite; wir versuchen alles im Griff zu behalten (oder tun jedenfalls so). Vielfach geht es nur darum, überhaupt etwas zu tun, weil wir die Stille nicht aushalten.
Aber dann ist da unsere innerliche, tiefere, nachdenkliche Seite. Wir grübeln, versuchen zu hoffen, zu verstehen. Wir stellen uns Fragen, und rufen im Stillen Gott an. Da sind Vorwürfe, Forderungen, leise Ängste.
«Kümmert es dich nicht, dass wir untergehen?», fragen die Jünger ihren Lehrmeister.
Der christliche Glaube richtet sich auf mehr als auf Glaubenssätze. Er richtet sich auf einen Gott, der sich kümmert. Auf seinen Mensch gewordenen Sohn Jesus Christus der mit uns durch die Stürme unseres Lebens geht. Eigentlich brauchen wir uns nicht zu fürchten, wenn er mit im Boot sitzt. Aber unsere Furcht kann ihn nicht aus der Ruhe bringen. Auch heute nicht.
«Da stand Jesus auf, schrie den Wind an und sprach zum See: Schweig, verstumme! Und der Wind legte sich, und es trat eine grosse Windstille ein. Und er sagte zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?»