Von der Erwählung der Niedrigkeit
Gott hat sich ein kleines, bis heute gering geachtetes Volk erwählt. An der Geschichte des Volkes Israel wird uns beispielhaft gezeigt, wie er ist und wie er handelt. Auch die christliche Kirche muss sich ihre Niedrigkeit immer wieder vor Augen halten lassen. Das geschieht an Weihnachten - wenn Gott selber sich als Kind in der Krippe zeigt.
«Und Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich seligpreisen alle Kindeskinder.»
(aus Marias Lobgesang, Lukas 1,46-48)
Liebe Leserinnen und Leser
Gott hat sich ein kleines, bis heute gering geachtetes Volk erwählt. An der Geschichte des Volkes Israel wird uns beispielhaft gezeigt, wie er ist und wie er handelt:
«Nicht weil ihr zahlreicher wäret als alle Völker hat der Herr sein Herz euch zugewandt und euch erwählt – denn ihr seid das kleinste unter allen Völkern-, sondern weil der Herr euch liebte und weil er den Eid hielt, den er euren Vätern geschworen hat.»
So wird uns in 5. Mose 7, im Alten Testament, die Begründung für die Erwählung des Volkes Israel überliefert.
«Du hast die Niedrigkeit deiner Magd angesehen.» – So spricht Jahrhunderte später eine junge Frau, die zu diesem Volk gehört. Sie bezeichnet sich als Magd. Sie gehört nicht zu den Einflussreichen und Angesehenen. Aber gerade in ihrer Niedrigkeit hat Gott sie gesehen und auserwählt. Es ist Maria, die Mutter von Jesus, die Braut Josephs.
In den Geschichten des jüdischen Volkes und in der Geschichte der jüdischen Magd Maria hören wir, wie Gott handelt. Es ist seine Art, von der Höhe in die Tiefe zu schauen. Es ist seine Art, das Hohe zu erniedrigen und das Niedere zu erhöhen. Eine unbekannte junge Frau geht wegen ihrer Schwangerschaft in die Geschichte ein und wird so erhöht. Millionenfach wird jedes Jahr an sie gedacht. Sie wusste: Gott sieht mich, er kennt mich. Sie freut sich darüber und singt.
Ihr Lied ist uns überliefert worden. In ungezählten Variationen wird es gesungen: «Magnificat anima mea dominum.» – «Meine Seele erhebt den Herrn.»
Russische Bäuerinnen singen dieses Lied ebenso wie Ingenieure in Peking. Afrikanische Christen singen es und auch unsere Gemeinden kennen es.
Ich wünsche Ihnen eine besinnliche Adventszeit!
Ihr Pfr. Patrick Moser
Mit diesem Editorial verabschiedet sich Pfr. Patrick Moser aus seinem 10%-Pensum, das er seit 2021 befristet übernommen hatte. Wir wünschen ihm viel Kraft und Freude für sein Pfarramt in der Kirchgemeinde Bürglen bei Biel. Patrick Moser wird gelegentlich auch weiterhin in Linden zu hören sein.
Bild: Leonardo da Vinci - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=45633727