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29.12.2023 | Gedanken
 

«Seid lieb zueinander.» – Wirklich?


«Alles was ihr tut, geschehe in Liebe.» – So lautet die neue Jahreslosung für 2024 (1 Korinther 16,14). Sollen wir im neuen Jahr also unser Miteinander in Watte packen? Ein Plädoyer für mehr Berührung, auch wenn es weh tut.

Die Predigt vom 1. Januar 2024 zum Nachlesen finden Sie hier ->

«Seid lieb zueinander.» – Wirklich?

«Pass uuf!» – «Blib gsund!» – «Häbet Sorg zunenand!»

Auch wir geben einander letzte Mahnungen mit auf den Weg. Es sind die Worte, die noch nachklingen sollen, wenn wir auseinandergehen. Mahnungen und Wünsche, etwa ein «Bhüet di Gott!», liegen ganz nah beieinander.

Ähnlich gibt der Apostel Paulus den jungen Kirchen am Mittelmeer am Schluss seiner Briefe eine Ermahnung mit auf den Weg. Den Christen in Korinth schreibt er: 

«Lasst euch in allem, was ihr tut, von der Liebe bestimmen.» (Neue Genfer Übersetzung)

Im gleichen Brief finden wir das «Hohe Lied der Liebe», ein beliebter Bibeltext für Traupredigten:

«Die Liebe sucht nicht das ihre, sie lässt sich nicht zum Zorn reizen, sie rechnet das Böse nicht an...» (1 Kor 13,5).

Dort lesen wir auch: «Die Liebe freut sich nicht über das Unrecht, sie freut sich aber an der Wahrheit.» (V. 6) – Der griechische Ausdruck agape meint «hingebungsvolle Liebe».
Liebe erträgt es, wenn zwei sich nicht einig sind. Sie gibt das Gegenüber nicht leichtfertig auf. Sie ist bereit, zu überzeugen, für die Wahrheit zu gewinnen – im Bewusstsein, «alles Erkennen ist Stückwerk» (1 Kor 13,9).

Eine Gemeinschaft, die von dieser Liebe bestimmt ist, bleibt auch in Zeiten von Spannungen verbunden. Nach den vergangenen Jahren verziehen sich die äusseren Stürme von unserem Land und unserem Dorf – umso mehr dürfen wir einander nicht gleichgültig werden.

Zum 175. Jubiläum unserer Kirche wird ein hörbares Zeichen gesetzt – ein Gebetsglöcklein. Geräusche können stören, aber Störungen wecken auf. So ist es auch in Beziehungen: Manchmal braucht es einen Zusammenstoss, damit wir das Gegenüber überhaupt wahrnehmen.

Gott hat uns in dieser Dorf- und Kirchgemeinschaft zusammen gebracht. Wir nehmen einander wahr, wir gehen einander etwas an. Lieber etwas Reibung und mal einen Knuff, und dafür in Berührung sein, als einander aus dem Weg gehen und jede Verbindung mit Watte zustopfen!

«Alles geschehe bei uns in der Liebe.»

Freundliche Einladung zum Neujahrsgottesdienst mit Bildbetrachtung zur Jahreslosung und Musik.
Bildrechte: Stefanie Bahlinger, Verlag am Birnbach 2023